Untreue

Untreue im Arztstrafrecht


Im Gesundheitssektor stellen sich viele Fallkonstellationen, bei denen die Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts der Untreue gegen Ärzte ermitteln.
Einer Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB kann sich allerdings nur strafbar machen, wer eine sogenannte Vermögensbetreuungspflicht zugunsten Dritter innehat und diese verletzt.
Eine Vermögensbetreuungspflicht obliegt etwa dem Geschäftsführer eines Krankenhauses oder auch dem ärztlichen Direktor eines Universitätsklinikums.

Von hoher Praxisrelevanz sind Ermittlungen wegen angeblicher Untreue eines Vertragsarztes gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse. Nach der Rechtsprechung des BGH trifft auch den Vertragsarzt einer gesetzlichen Krankenkasse dieser gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht gemäß § 266 Abs. 1 StGB, die ihm zumindest gebietet, Heilmittel nicht ohne jegliche medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen (BGH, Beschluss v. 16.08.2016 – 4 StR 163/16).
Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung dazu aus, dass zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen zwar keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestünden, jedoch gingen die Befugnisse des Vertragsarztes, auf das Vermögen der Krankenkassen einzuwirken, über eine rein tatsächliche Möglichkeit hierzu weit hinaus. Der Vertragsarzt erkläre mit der Heilmittelverordnung in eigener Verantwortung gegenüber dem Versicherten, dem nichtärztlichen Leistungserbringer und der Krankenkassse, dass alle Anspruchsvoraussetzungen für das verordnete Heilmittel erfüllt seien: Das verordnete Heilmittel sei geeignet, ausreichend, notwendig und wirtschaftlich, um die festgestellte Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder die festgestellten Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die vertragsärztliche Verordnung eines Heil- oder Arzneimittels dokumentiere, dass es als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben bzw. erbracht werde. Seine Rechtsmacht zur Konkretisierung des entsprechenden Anspruchs des gesetzlich Versicherten gegen die Krankenkasse umfasse dabei zwar insbesondere das verbindliche Feststellen der medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalles mit Wirkung für den Versicherten und die Krankenkasse. Da die Verordnung aber auch die an die Krankenkasse gerichtete Feststellung umfasse, dass das Heilmittel notwendig sowie wirtschaftlich sei und zur Erfüllung der Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf Kosten der Krankenkasse erbracht werde, habe er dieser gegenüber eine Stellung inne, die durch eine besondere Verantwortung für deren Vermögen gekennzeichnet ist. Dies werde auch dadurch belegt, dass sich das dem Vertragsarzt bei der Heilmittelverordnung obliegende Wirtschaftlichkeitsgebot vorrangig als Verpflichtung gegenüber der letztlich die Zahlung bewirkenden Krankenkasse verstehen lasse. Der Vertragsarzt habe mithin eine hervorgehobene Pflichtenstellung mit einem selbstverantwortlichen Entscheidungsbereich gegenüber der Krankenkasse inne; die wirtschaftliche Bedeutung, die der Verordnung unter anderem von Heilmitteln zukomme begründe daher eine Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen. Das vom Arzt zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot erhebe jedenfalls bei der Verordnung von Heilmitteln ohne jede medizinische Indikation die Vermögensbetreuungspflicht zur Hauptpflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB.

Gerade im Arztstrafrecht zeigt die Erfahrung, dass die frühzeitige Beratung und Erarbeitung einer Verteidigungsstrategie sinnvoll ist, auch um drohende Reputationsverluste so weit wie möglich abzuwenden. Grundsätzlich gilt, dass vor Einsicht in die Ermittlungsakte keine Einlassung zur Sache abgegeben werden sollte. Andernfalls ist die Gefahr einer Selbstbelastung oder möglicher Widersprüche mit den Ermittlungsergebnissen groß. Unbedachte Äußerungen gegenüber den Ermittlungsbehörden sind deshalb unbedingt zu vermeiden.
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Rechtsanwältin Dr. Meller ist Mitverfasserin der „Rechtsprechungsübersicht zum Arztstrafrecht", die in der juristischen Fachzeitschrift NStZ (Neue Zeitschrift für Strafrecht) beim C.H. Beck Verlag München erscheint, zuletzt erschienen in: NStZ 2018, 640 ff.

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